Predigt von Marcel Stählin
Begrüssung
Wir sind zusammengekommen um von Gisbert Dörr, als Ehemann, als Vater, als Sohn, als Grossvater, als Bruder, Arbeitskollege, Gemeindemitglied und meinem besten Freund Abschied zu nehmen. Gisbert ist am 20. September völlig unerwartet und überraschend am Morgen in der Klinik in Split in Kroatien durch einen Herzinfarkt aus dem Leben gerissen worden. Er hatte mit Anke noch eine tolle Zeit auf einen Segeltörn. Sie habend diesen beendet und fuhren noch ein paar Tage nach Splitt. Wo sie auf Sandy um mich warteten, da wir auch auf einem Törn waren. Gemeinsam wollten wir noch einige Segeltage verbringen bevor Gisbert und Anke dann auf ihren nächsten Törn gingen. Am 19. einen Tag bevor wir uns trafen verbrachten Er und Anke noch einen wunderschönen Abend in Split. Sie haben gelacht und wie könnte es anders sein Pläne für die Zukunft geschmiedet. Um Mitternacht haben sie ihrer Tochter noch ein herzliches Happy Birthday übermittelt. Am frühen Morgen des 20. wurde er dann mit einem Engegefühl im Brustkorb ins Spital eingeliefert. Dort ist den Ärzten leider nicht gelungen sein Leben zu retten. Sein Verlust hat tiefe Wunden und offene Fragen in unseren Herzen hinterlassen.
Lebenslauf
An dieser Stelle käme normalerweise ein Lebenslauf. Wer Gisbert aber kannte weiss, dass er gar nicht der Typ fürs „Normale“ war. Daher verwundert es nicht, dass er nicht wollte, dass man einen Lebenslauf an seiner Abdankung vorliest. Das hat ihn schon bei anderen Beerdigungen gestört. „Wen interessiert es, wann ich wo eine Ausbildung gemacht habe, oder wann ich wo gewohnt habe?“ Wem das wichtig ist kann auf der Homepage seinen Lebenslauf nachlesen. Was ihm aber sehr wichtig war, waren die die Menschen auf seinem Lebensweg, das war für ihn von Bedeutung. Wer trat in mein Leben, wie wurde ich von dieser Person geprägt? Wie habe ich diesen Menschen geprägt? Wir wollen uns nun eine spezielle Zeit nehmen. Auf der Homepage hat die Familie geschrieben.
“ Wir wollen Abschied nehmen-um Gisbert trauern und sein Leben feiern.“
Ich möchte dich fragen: „Was hat dich heute hierher geführt, in diese Kirche zu dieser Abdankung? Was hast du mit Gisbert erlebt? Wie hat er dein Leben geprägt? Wo gibt es Anekdoten die du mit Gisbert erlebt hast?“ Lasst uns das Leben von Gisbert in dieser Zeit feiern und sichtbar machen, wie er die Menschen in seinem Umfeld geprägt hat und was er von sich in uns multipliziert hat. Du darfst aufstehen es von deinem Platz aus machen oder du darfst sehr gerne nach vorne kommen. Wie du möchtest.
Predigtteil
Warum?
Ich kann mir gut vorstellen, dass viele von euch mit dieser Frage hier sitzen. Ich selbst habe mir die Frage auch gestellt. Gisbert war mein bester Freund und er wurde völlig unerwartet aus dem Leben gerissen. Wo gibt es da einen Sinn? Für was soll das gut sein? Dann noch in Kroatien? Anke ganz alleine mit ihm? Er stirbt am Geburtstag seiner Tochter? Hallo, was soll das? Es ist absolut in Ordnung sich diese Fragen zu stellen. Ich habe aber leider keine Antwort für dich. Ich weiss aus meinen eigenen Leben, dass jeder für sich selbst die Antwort finden muss. Es sind keine einfachen Fragen und es gibt auch meistens keine einfachen Antworten. Ich weiss nur, dass es sehr wichtige Fragen! Natürlich hat sich auch die Trauerfamilie die gleiche Frage gestellt und in einer schlaflosen Nacht hat Anke mit Hannah zusammen folgendes niedergeschrieben.
„Wir wollen Gott nicht fragen „warum?“, sondern ihm dankbar sein für das was wir mit Papa hatten und darauf vertrauen, dass Gott das gut gemacht hat!“
Ich möchte es einfach so stehen lassen!
Logbuch:
Die Segler unter uns kennen das! Hier trägt man auf einem Segeltörn die wichtigsten Daten des Tages ein. Wetter, Wind, Seegang, Koordinaten, Segelstellungen, Seemeilen. Es hilft den Segeltörn nachvollziehbar zu machen. Das ist das Lebenslogbuch von Gisbert und ihr habt mit euren Beiträgen, viele Logbucheinträge eingetragen. Es gibt natürlich noch unendlich viele Einträge mehr. Aber ihr habt, mit dem was ihr gesagt habt, das Leben von Gisbert gewürdigt, nachvollziehbar und vor allem erlebbar, spürbar gemacht. Wenn man am Morgen ablegt, sei das im Leben oder auf einem Segeltörn, kann man die richtige Kleidung anziehen, sich auf Sitzung vorbereiten, Mittagsessen reservieren usw. Beim Segeln sollte man den Wetterbericht hören, die Windprognose studieren, Gezeiten berechnen, die Strömung berücksichtigen und vieles mehr,...aber es bleibt jedes Mal ein Aufbrechen ins Ungewisse. Man weiss nie, was einen genau erwartet. In seinem Leben hat Gisbert so oft erlebt, dass sich die Umstände plötzlich verändert haben. Dann musste er sich den neuen Begebenheiten anpassen, sich um entscheiden, neue Ziele setzen. Darin war Gisbert wirklich ein Meister. Sein Leben war gefüllt mit unerwarteten Wendungen positiv wie negativ. Ihr seid alle Lebenszeugen dieses Lebens. Wenn ich etwas von Gisbert gelernt habe, ist es sich immer wieder flexibel auf Neues einzustellen. Beim Segeln würde man sagen sich den gegeben Windverhältnissen anpassen und Kurskorrekturen vornehmen. Wenn ich mal nicht weiter wusste oder eine schwere Entscheidung zu treffen hatte, sagte er immer: “Mach mal! Ja nun mach doch einfach mal!“ Er hatte ein ungeheure und beneidenswerte Energie in seinem Leben und wer mit ihm zusammen war, kam nicht darum herum Pläne zu schmieden, Ideen zu entwickeln oder einfach nur zu träumen. Er sah das Potential in den Menschen und forderte jeden heraus etwas damit zu machen.
Da kommt mein Logbucheintrag ins Lebensbuch von Gisbert. Ich lernte ihn durch das Stadttor (erklären) kennen. Ein guter Freund brachte ihn mit an ein Treffen. In mein Lebenslogbuch würde ich schreiben“ Heute habe ich Gisbert Dörr kennengelernt, ein Querulant, Dickkopf und unheimlich von seiner Meinung überzeugt“. Bei Gisbert könnte ich mir vorstellen, dass er reingeschrieben hat „heute habe ich Marcel Stählin kennen gelernt „Bin ja mal gespannt, was das Ziel am Ende des Tages sein soll!“. Ich kann mir gut vorstellen, dass es vielen von euch in der ersten Begegnung mit Gisbert ähnlich ging. Euer Dasein heute, zeigt aber, dass auch ihr, wie ich, Gisbert noch auf eine ganz andere Art kennen lernen durften. Gisbert war kein Mann des Erstkontaktes, (Dafür hatte er Anke) aber wenn man mal die erste Schale durchbrochen hatte, dann gewann man einen echten Freund, der einem mit enormer Hilfsbereitschaft und leidenschaftlich zur Seite stand. In der heutigen Zeit ist es ist nicht einfach echte Freunde zu finden. Ich hatte für mich ein Schlüsselerlebnis mit Gisbert kurz nachdem er ins Stadttor kam, spürte ich bei ihm das was nicht stimmte und ich hatte eine Vermutung. (Situation erzählen)
Er war nicht zu stolz um von einem jungen „Grünschnabel“, den er noch nicht einmal richtig kannte, eine Kurskorrektur anzunehmen und diese sogar in seinem Leben umzusetzen. Er brachte es in Ordnung. Die Schale war durchbrochen und von da an wurde unsere Freundschaft immer enger und enger. Er ist schuld daran, dass ich und meine Frau unsere Leidenschaft fürs Segeln entdeckt haben. Wir durften so viel von ihm lernen, nicht nur was das Segeln anbelangt. Im laufe der Zeit durften wir dann auch seine tolle Frau Anke und seine fantastischen Kinder kennen lernen und wurden Teil von ihrem Leben. (Hochzeit, 1. August, Grillfeste,...)Wer schon einmal bei Dörrs zu Hause war, dem ist vielleicht der Spiegel hinter dem Esstisch aufgefallen. Dort steh etwas von Hand geschrieben darauf.
„ In diesem Haus wo die Liebe wohnt, die Erinnerungen geboren werden, wo Freunde immer willkommen sind, ist unser zu Hause.“
Das durfte ich bei Dörrs erleben. Wir haben enorm viele gemeinsame Erinnerungen und bei Dörrs ist man immer willkommen. Das waren keine leeren Worte. „Komm doch schnell vorbei!“ und man wusste, dass es ernst gemeint war und man wirklich willkommen war.
Der Anker
Warum nehme ich einen Anker mit in eine Trauerpredigt. Unsere Freundschaft vertiefte sich und wir trafen uns auch zwischen den Stadttor Treffen regelmässig zu einem Salat und Panaché im „Back & brau“. Wir liessen uns teilhaben an unserem Leben tauschte über unsere Freuden und Nöten aus, träumten gemeinsam von neuen Projekten. Erst kurz vor dem Törn hat er mir gesagt, dass er befürchte, dass sein Leben für all seine Projekte zu kurz sei. Er steckte so voller Energie und konnte sich unheimlich aufregen über Trägheit… Was für sein Umfeld nicht immer einfach war. Er wollte einfach etwas bewegen. Aber in allen Schwierigkeiten gaben ihm zwei Dinge inneren Halt und Sicherheit..
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Hebräer 6,19
„Die Hoffnung in Jesus haben wir als einen sicheren und festen Anker unserer Seele im Himmel.“
Es gab einige Stürme in seinem Leben und er musste erfahren, dass Gott kein Schönwettergott ist, sondern ein Allwettergott. Es ist nicht immer heiterer Sonnenschein, zwischendurch schüttelt es auch mal ganz schön. Er hatte aber in den stürmischen Zeiten und Kämpfen ein festes Fundament in Jesus und vertraute darauf, dass seine Seele einen sicheren Anker im Himmel hat. Das gab ihm den nötigen Halt sein Leben zu gestalten.
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Seine Anke(r) und Familie
In unseren Gesprächen kam sein ganzer Stolz auf seine Familie immer wieder zum Vorschein. Vorne weg Anke(r). Sie war wirklich sein Anker. Sie gab ihm den nötigen Halt zu Hause, . Ein Seemann braucht seinen und diesen hatte Gisbert bei Anke definitiv gefunden. Er hat auch am meisten darunter gelitten, wenn etwas in der Familie nicht stimmte. Familie war ihm unheimlich wichtig und ihr habt ihm mit Enkelkindern das grösste Geschenk gemacht. Er war gar nicht mehr ganz zurechnungsfähig. Ich durfte bei unseren Treffen immer zuerst die aktuellsten Fotos anschauen und die neusten Stories abhören. Ich weiss natürlich auch, dass es nicht immer einfach war und Schwierigkeiten gab, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass er euch alle geliebt hat. Ich durfte Gisbert in den letzten Jahren kennen lernen aber wirklich gekannt hat ihn nur seine engsten Familienmitglieder. Ich wusste z.B. nicht dass er Jackie Leuenberger Fan ist oder dass er so toll Zeichen kann. Die Zeichnung auf der Karte stammte von ihm und der Spruch hat Anke da zugefügt. Eine tolle Ergänzung.
„Die Liebe ist unsterblich, der Tod nur ein Horizont und der Horizont nur die Grenze unseres Blickes“
Unser Blick ist beschränkt, wir sehen den Horizont wir können nicht darüber hinaus schauen. Gisbert ist aus unserem sichtbaren Blickfels verschwunden und wir werden ihn in so vielen Situationen und Momenten vermissen. Bei mir werden vor allem zwei Sachen sein
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Sein breites, zufriedenes Lachen, fast schon ein Grinsen. Immer dann, wenn ihm etwas gefiel oder funktionierte konnte er dieses zufriedene Grinsen aufsetzen und man wusste genau, dass er jetzt einfach stimmte für ihn. Wie die Made im Speck! J
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Seine Umarmungen mit seinem kratzigen Dreitagesbart. Aber wenn er einen umarmte wusste man sofort:“ Hey Junge, ich steh zu dir!“
Am 20. September 2016 gab es einen letzten Logbucheintrag im Lebensbuch von Gisbert
20. September / 10.05 Uhr 2016 / „leinen los! / Ziel: „sicherer Ankerplatz im Himmel"
Wisst ihr, ich kann mir gut vorstellen, dass Jesus ihm keine Wohnung bereitgestellt hat, sondern ein wunderschönes Segelboot.
Schiff Ahoi Gisbert!
Mast und Schotbruch und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel. Amen!
Und immer sind da Spuren deines Lebens.
Gedanken, Bilder und Augenblicke.
Sie werden uns an dich erinnern
uns glücklich und traurig machen
und dich nie vergessen lassen